Dabei sein ist alles? Von wegen!

Olympia 2024 in Paris: Wie groß ist der psychische Druck auf Frauen?

Am 26. Juli 2024 beginnen die Olympischen Spiele in Paris. Wie und mit welchem großen psychischen Druck Profi-Sportlerinnen beim vielleicht wichtigsten Sport-Ereignis ihrer Karriere umgehen müssen, liest du hier
Olympia 2024
Getty Images; Collage: Condé Nast Germany

Olympia 2024 und psychische Gesundheit: Diesem Druck sind Profi-Sportlerinnen ausgesetzt

GLAMOUR blickt vor Beginn der Olympischen Spiele in Paris 2024 hinter die Kulissen des größten Events im Profi-Sport und fragt: Haben Frauen wirklich so sehr mit mentalem Druck zu kämpfen, wie immer behauptet wird? Spoiler-Alert: ja. Warum das so ist, welche Beweise es (traurigerweise) dafür gibt und welche Sportlerinnen absolute Vorbilder sind, wenn es um mentale Gesundheit und psychischen Druck als Frau geht, verraten wir hier.

Olympia 2024 und mentale Gesundheit: The Struggle is real

Im Profisport herrscht grundsätzlich konstant großer Leistungsdruck. Es gibt nur Sieg oder Niederlage. Top-Athlet:innen sind ehrgeizig, machen sich oft auch selbst Druck, gewinnen zu müssen – Schwäche zu zeigen, ist undenkbar. Zu groß ist die Sorge, der:die Gegner:in könnte davon profitieren oder Sponsoren und Öffentlichkeit negativ reagieren. Besonders in Sportarten, in denen es eins gegen eins geht, ist der psychische Druck enorm – zum Beispiel im Tennis.

Dabei ist es in unserer Gesellschaft immer noch weitgehend ein Tabu, über psychische Probleme zu sprechen. Im Leistungssport gilt das noch mehr – übrigens für Frauen und Männer. Denn die Teilnahme an Olympischen Spielen ist das ultimative Ziel für alle Sportler:innen: Vier Jahre trainiert man auf diese magischen Wochen hin. Vier lange Jahre gibt man alles für diesen einen Wettkampf, der vielleicht über die komplette Karriere entscheiden wird. Klar, dass man sich da den größten Druck selbst aufbaut: Der Vergleich mit anderen Wettkämpfer:innen, das Streben nach einer immer perfekteren Performance oder besseren Zeit sind Alltag für mögliche Olympionik:innen. Das olympische Motto “Dabei sein ist alles” stimmt nicht ganz mit den realen Bedingungen überein, wenn man ehrlich ist.

Doch gerade Sportlerinnen sehen sich oftmals neben dem Druck, den sie sich selbst machen und von außen be­kommen, zusätzlich anderen mentalen Herausforderungen ausgesetzt: Sie sollen jeden Tag gleich gut performen – obwohl das innerhalb eines Menstruationszyklus biologisch unmöglich ist. Athletinnen, die in von der Gesellschaft eher “männlich” eingestuften Sportarten wie Fußball oder Kraftsport aktiv sind, werden trotz Top-Leistungen von der Öffentlichkeit abgewertet. Echt jetzt? Echt jetzt. Jede:r hat doch schon einmal doofe Kommentare über Kugelstoßerinnen gehört, die oft nicht nur sexistisch, sondern obendrein auch noch queerfeindlich waren. Und gerade der Frauenfußball wurde jahrzehntelang kleingehalten – unter anderem, weil Frauen nicht “elegant genug” aussahen.

Sexismus im Sport fördert den mentalen Druck

Frauen sollen sexistische Erwartungen, also bei höchster Anstrengung gut auszusehen, erfüllen. Tennisspielerin Anna Kournikova zum Beispiel wurde auf dem Höhepunkt ihrer Karriere in den Medien meist als Sex­objekt und nicht als Tennisspielerin porträtiert. Dass das auf die psychische Gesundheit einer damals 19-Jährigen toxisch wirkt, hat die Kommentatoren auf der ganzen Welt wenig interessiert.

Die US-amerikanische und britische Ausgabe des Männermagazins FHM wählten die gerade einmal 21-jährige Sportlerin, die bereits 1999 auf Platz 1 der Doppel-Spielerinnen stand, im Jahr 2002 zur “Sexiest Woman in the World”. Ein ziemlich fragwürdiger Titel, wenn man bedenkt, dass Kournikova zur gleichen Zeit von Sportblättern wegen ausbleibender Tennis-Leistungen stark kritisiert wurde. War es damals oder ist es gar heute noch wichtiger, gut auszusehen, als in seiner Sportart gut zu sein, weil die sportlichen Ambitionen nimmt man bei Frauen ja eh nicht ernst?! Bitte nicht.

Misogynie auf Social Media: Gift für den Sport

Besonders heikel ist Misogynie auf Social Media. Einerseits gehört es für Profisportler:innen mittlerweile zum Job, dort präsent zu sein, denn so pflegen sie ihre Fanbase und machen sich für Sponsoren interessant. Andererseits sind sie auf Social Media oft direkten Anfeindungen und Bullying von Hater:innen ausgesetzt. Und auch hier gilt: Frauen werden immer noch viel zu oft auf ihr Äußeres reduziert. Im Jahr 2024.

Inzwischen äußern sich Profis wie Tennisstar Angelique Kerber und Turnerin Simone Biles zu ihrer mentalen Gesundheit, dem konstanten Druck und den selbst gewählten Auszeiten. Simone Biles etwa nahm sich nach den Olympischen Spielen in Tokio eine zweijährige Auszeit, um sich um ihre psychische Gesundheit zu kümmern. Ein Novum im Profisport, in dem erfolgreiche Athlet:innen vor allem ja kämpfen, siegen, winken und lächeln sollen.

Die Tennisspielerin Naomi Osaka, ehemalige Nummer eins der Weltrangliste, gab Ende Mai 2021 bekannt, unter Depressionen zu leiden, und forderte mehr Unterstützung für Sportler:innen mit psychischen Problemen. Mittlerweile ist sie Mutter einer Tochter und feierte Anfang 2024 ihr Comeback im Profitennis.